CDU Brandenburg will Kontaktdaten der Luca-App für Strafverfolgung nutzen

10.02.2022: Im Rechtsausschuss des brandenburgerischen Landtags sagt die CDU-Justizministerin Susanne Hoffmann, Polizei und Staatsanwaltschaften sollen Zugriff auf die gesammelten Kontaktdaten der Luca-App erhalten, zur Verfolgung sogenannter schwerer Straftaten. Diese Zweckentfremdung ist illegal und zeigt "schön", wie Politiker:innen am Hebel der Macht Gesetze, Bestimmungen, Vereinbarungen etc. verbiegen, um dann rückwirkend oder schleichend Zugriff für den Staat auf intime, personenbezogene Daten zu ermöglichen.

Regelmäßig werden dabei abscheulichen Taten vorgeschoben. Als schwere Tat verweist die ehemalige Generalstaatsanwältin auf "Vergewaltigung in einem Restaurant". Das kommt jetzt wie häufig vor?, dem etwa 40 Millionen Installationen gegenüber stehen (Verhältnismäßigkeit)?

Und natürlich sei sie "sich mit dem Generalstaatsanwalt des Landes einig, dass das nicht infrage kommt, wenn es sich um weniger schwere Taten handle". Genauso wie man sich einig war - damals, vor ein paar Monaten -, dass diese Kontaktdaten nur zur Pandemie-Bekämpfung benutzt werden ...

"Schön" ist dann auch, dass im selben Rechtsausschuss laut dem rbb-Bericht der SPD-Rechtsexperte Erik Stohn ebenfalls die Nutzung von Daten bei schweren Straftaten für vertretbar hält.

Dieser Vorgang ist ein sehr gutes Lehrbeispiel, warum Datenvermeidung so wichtig ist und Datensammlungen wohl überlegt sein müssen. Nicht existierende Daten oder dezentral gespeicherte Daten wie bei der Corona-Warn-App der Fall, können nicht missbraucht werden.

Empfehlung: sofort die Luca-App vom Mobile löschen und bei Bedarf für die Kontaktnachverfolgung die viel effizientere Corona-Warn-App installieren. Die Daten sind lokal auf dem Mobile gespeichert, alle 10 Minuten wird eine neue zufällig ID erstellt und nur, wenn man selbst aktiv im Falle Corona die Daten an den RKI-Server gibt, werden die dort bereitgestellt, sodass andere diese zufälligen ID bei sich prüfen können, ob es einen Kontakt gab.

By-the-way

FIFF und DSFA zur Corona-Warn-App

Zur weiteren Lektüre die Hinweise auf:

April 2020: Datenschutz-Folgenabschätzung (DSFA) für die Corona-App durch FIfF:

  • "Datenschutzanalysen betrachten die gesamte Verarbeitung von Daten, nicht nur die dabei eingesetzten Apps. 'Die Grenzen der App sind nicht die Grenzen der Verarbeitung' erläutert Christian Ricardo Kühne vom FIfF. In der öffentlichen Diskussion und in den betrachteten App-Projekten wird Datenschutz nach wie vor auf den Schutz der Privatsphäre, also Geheimhaltung gegenüber Betreiberïnnen und Dritten, und auf Aspekte der IT-Sicherheit wie Verschlüsselung reduziert. Mit dieser Verengung der Sichtweise kommen die erheblichen, gesellschaftlich wie politisch fundamentalen Risiken, die wir in dieser Folgeabschätzung aufzeigen, nicht nur nicht in den Blick – sie werden zum Teil sogar verschleiert. 'Aus dem Blickwinkel des Datenschutzes gehen die wesentlichen Risiken nicht von Hackerïnnen oder anderen Benutzerïnnen aus, sondern von den Betreiberïnnen des Datenverarbeitungssystems selbst' kommentiert abschließend Rainer Rehak, Vorstandsmitglied des FIfF."
  • "Es geht nicht um Privatsphäre, sondern es geht darum, eine Technik sozial beherrschbar zu machen", Datenschutzverständnis von Wilhelm Steinmüller (1934–2013), Datenschutzpionier und langjähriges FIfF-Mitglied

Juni 2020: FIfF veröffentlicht Analyse und konstruktive Kritik der offiziellen Datenschutzfolgenabschätzung der Corona-Warn-App

Mainzer Polizei und Luca-App

Wie ich schon im anderen Beispiel zum staatlichen Missbrauch der Luca-App dort schrieb:

Grundproblem

  • Beteuerungen, vor allem auch von staatlicher Seite, personenbezogene Daten würden niemals zweckentfremdet, kann man getrost als Quatsch bezeichnen. Denn wo Daten sind, wollen sie auch genutzt werden.
  • eine Rechtsgrundlage kann übergangen oder später "korrigiert" werden

Mögliche Fragen

  • warum haben vier verschiedene Personenkreise (Kripo, Staatsanwaltschaft, Gesundheitsamt, Gaststätten-Mitarbeiterin) den Rechtsbruch nicht gesehen, noch nicht mal möglicherweise?
  • was wäre wenn; wenn es nicht um einen möglicherweise banalen Unfall gegangen wäre, sondern um die sonst üblichen "Verdächtigen": Kinderpornographie/-missbrauch, Terrorismus usw.?

Beste Lösung

  • Art.5 DSGVO verstehen, begreifen und danach handeln
  • Datenvermeidung, Datenminimierung & Datensparsamkeit
  • Corona-Warn-App nutzen oder einfachere Datenspeicherung auf einem Stück Papier

weitere kommerzielle Interessen der Luca-App-Betreiber

Das es bei der Luca-App nicht um reine Kontaktverfolgung im Rahmen der Pandemie-Bekämpfung ging und geht, ist gut beschrieben im Artikel "Neue Geschäftsmodelle: Wie Luca nach der Pandemie weiter Kasse machen kann" auf netzpolitik.org am 06.01.2022.